Der Freistaat Bayern würdigt die Baldhamerin für ihr besonderes ehrenamtliches Engagement
Doris Priesmeier-Feiner ist völlig überrascht, als sie im Herbst 2024 ein Schreiben des Bayerischen Ministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention im Briefkasten findet: Auf Vorschlag des Landkreises soll sie die Auszeichnung „Weißer Engel“ bekommen.
Gesundheitsministerin Judith Gerlach persönlich verleiht diese an Bürgerinnen und Bürger aus Oberbayern, die sich – so die offizielle Pressemitteilung „selbstlos um andere kümmern“ und so „die Welt vor Ort ein Stück besser“ machten sowie als „Vorbilder für gelebte Mitmenschlichkeit“ einen „unschätzbar wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft“ leisteten.
Nominiert wurde Doris Priesmeier-Feiner aufgrund ihres Einsatzes als Hospizbegleiterin im ambulanten Bereich, in Pflegeeinrichtungen und im Krankenhaus sowie ihr Engagement im Vorstand des Christophorus Hospizvereins im Landkreis Ebersberg.
„Ich dachte zuerst, das kann nicht sein!“, erinnert sich die gebürtige Kielerin, die seit mehr als 50 Jahren in Bayern lebt und seit 1976 im Landkreis Ebersberg wohnt. Bei der Erzählung hat ihre Stimme selbst mehrere Wochen nach der feierlichen Preisverleihung im Nymphenburger Schloss am 6. November 2024 noch einen ungläubigen Unterton.
Wer die Baldhamerin kennt – privat oder aus der Frauenarztpraxis, die sie bis zu ihrem Renteneintritt 2004 in Markt Schwaben betrieb – wundert sich hingegen gar nicht. Schon während ihrer Arbeit als Gynäkologin hat sich Doris Priesmeier-Feiner mit den Themen Abschied und Sterben beschäftigt, es stets bedauert, schwer– und schwerstkranken Patientinnen nicht bis zum Schluss zur Seite stehen zu können, da diese irgendwann aus dem normalen Praxisbetrieb verschwanden. Aus diesem Grund, so die heute 84-Jährige, habe sie dann eine Palliativ-Weiterbildung für Hausärzte belegt – und anschließend bedauert, keine Palliativmedizinerin geworden zu sein.
Für den Hospizverein hatte sich Doris Priesmeier-Feiner schon interessiert, seitdem sie von dessen Gründung gelesen hatte. „Ich dachte gleich, das ist eine wichtige Sache, konnte mich aber aufgrund meiner Arbeitsbelastung nicht persönlich einbringen.“ Das änderte sich 2004 nach der Praxisaufgabe aus Altersgründen – noch im selben Jahr absolvierte sie die Ausbildung zur Hospizbegleiterin.
Dabei half ihr nicht nur die berufliche Vergangenheit, sondern auch ihre ganz persönliche Geschichte, erkrankte sie doch selbst im Laufe ihres Lebens zweimal an Krebs – einmal als ganz junge Frau, 15 Jahre später ein weiteres Mal. Sehr gut kann sie also nachvollziehen, welche körperlichen und psychischen Belastungen Krankheit und Behandlung für die Betroffenen mit sich bringen.
Das jedoch ist offenbar nicht jedem gegeben – selbst nach einem Medizinstudium nicht, wie Doris Priesmeier-Feiner beklagt. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass die Kommunikationsfähigkeiten im Umgang mit schwerstkranken Menschen lässt häufig zu wünschen übrig. „Selbst heute noch wird diese Seite bei der Medizinerausbildung wenig bis gar nicht bearbeitet.“ Darüber hinaus sei die Schmerztherapie in den Kliniken definitiv noch ausbaufähig.
Doch auch wenn ihre Expertise immer unterschwellig mitläuft, kehrte sie als Hospizbegleiterin die Medizinerin niemals heraus. „Ich habe peinlich darauf geachtet, nicht als Ärztin aufzutreten, denn die Hoffnung, die dann aufkeimt, kann ich nicht erfüllen“. Ohne dass man über ihren früheren Beruf Bescheid wusste, war Doris Priesmeier-Feiner also zunächst in der Tagesklinik, dann als Hospizbegleiterin im häuslichen Bereich im Einsatz.
Viel ist in dieser Zeit geschehen – es gab traurige, aber auch positive Erlebnisse. Wie das mit einer ALS-Patientin, deren Geburtstag im großen Stil im Heim begangen werden sollte, in dem sie lebte. „Das wollte die Dame aber nicht. Also habe ich ein Körbchen gepackt mit Sektgläsern, Sekt und Leckereien und wir haben nur zu zweit in ihrem Zimmer gefeiert. Sie hat sich sehr gefreut und auch für mich war das sehr schön.“
Natürlich durfte bei der offiziellen Feierstunde zur Verleihung des Weißen Engels, an der auch der Bürgermeister von Doris Priesmeier-Feiners Heimatgemeinde, Leonhard Spitzauer (CSU), teilnahm, eine Laudatio nicht fehlen. Darin wird hervorgehoben, die Geehrte habe Menschen in ihrer letzten Lebensphase „beigestanden und ihnen das Gefühl gegeben, nicht allein zu sein. Sie war jederzeit da. …Sie fängt vor allem auch die trauernden Angehörigen auf und spendet ihnen Trost. Zusätzlich zu ihrem Engagement als Hospizbegleiterin wurde sie 2011 in den Vorstand des Hospizvereins gewählt. Dort hat sie hohe fachliche Kompetenz und menschliches Feingefühl bewiesen. Sie steckt sehr viel Zeit in ihre ehrenamtliche Arbeit. Die Arbeit mit sterbenden Menschen ist kein leichtes Ehrenamt. Sie erfordert sehr viel Kraft und emotionale Stabilität. Nicht jeder kann dieses Ehrenamt ausführen. Umso mehr verdient ihre Arbeit höchste Anerkennung – und das gilt für alle im Hospizbereich engagierten Menschen.“
Doris Priesmeier-Feiner selbst ist so viel Lob fast schon zu viel. Sie engagiere sich deswegen, weil es wichtig und richtig sei, in der Gesellschaft etwas zu tun. Nun allerdings will sie ihr Engagement langsam herunterfahren. „Ich bin 84 Jahre alt, da ist es an der Zeit, dass Jüngere zum Zug kommen.“
Was sie mit dem „Weißen Engel“ in Form einer Anstecknadel machen wird? Jedenfalls nicht in einer Schatulle daheim aufbewahren. Stattdessen soll diese Auszeichnung im Hospizverein einen Ehrenplatz bekommen. „Ich finde, der Engel gehört uns allen im Christophorus Hospizverein Ebersberg. Jeder gibt sein Bestes!“, so die abschließenden Worte der bescheidenen Frau, für die Taten stets mehr zählten als Worte oder gar öffentliches Lob.
Das Interview und der Artikel wurden von Michaela Pelz geführt und erstellt.