Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem das Verbot zum Anbieten geschäftsmäßiger Beihilfe zur Sterbehilfe aufgehoben wurde, steht eine neue Regelung im Bundestag an. In der Zwischenzeit gibt es einen ersten Fall der Unterstützung beim Suizid in einem Pflegeheim.
Hier dazu die Presseerklärung des DHPV:
Keine Suizidbeihilfe in Pflegeheimen!
Berlin, 15. Juni 2020. Erstmals, seitdem das Bundesverfassungsgericht Ende Februar den § 217 StGB (Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung) für nichtig erklärt hat, hat ein Sterbehilfeverein einem Bewohner eines Altenheims in Norddeutschland bei der Selbsttötung assistiert. Dieser Fall macht in besorgniserregender Weise klar, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und das schwebende neue Gesetzesverfahren von Sterbehilfevereinen genutzt werden, um ein regelhaftes Angebot nach ihrem Zuschnitt zu fordern.
Prof. Winfried Hardinghaus, Vorsitzender des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV): „Dabei hat das Bundesverfassungsgericht auch klargestellt, dass niemand verpflichtet werden kann, Suizidbeihilfe zu leisten. Das gilt natürlich auch für die Betreiber von Alten- und Pflegeeinrichtungen.“
Jetzt zu fordern, in den Hausordnungen dieser Einrichtungen auf ein Grundrecht auf Suizid hinzuweisen und die Gelegenheit zur Beihilfe dazu festzuschreiben, verstößt gegen das Selbstverständnis der meisten Pflegeeinrichtungen, die ihnen anvertrauten Bewohnerinnen und Bewohner bis zum Lebensende würdig zu betreuen, das heißt, ihnen im Sterben beizustehen – nicht beim Sterben zu helfen.
Hardinghaus: „Suizidbeihilfe darf auch unter Vermittlung anderer niemals zu einer gängigen Behandlungsmethode für Heimbewohner werden.“ Der Druck, dem sich ältere Menschen durch die Möglichkeiten der Suizidbeihilfe ausgesetzt fühlen, droht sich durch eine solche Praxis zu verstärken. Dabei brauchen gerade ältere, auf Hilfe und Unterstützung angewiesene Menschen die Gewissheit, von der Gesellschaft solidarisch getragen zu werden.
„Kooperationen mit Sterbehilfevereinen gehen in eine falsche Richtung. Hier braucht es zu allererst eine zuverlässige medizinisch-pflegerische Versorgung in allen Pflegeeinrichtungen, das heißt genügend Personal und ggf. entsprechende Zusammenarbeit mit Hospizdiensten und Palliativteams“, so Hardinghaus.
Der DHPV appelliert an alle Betreiber von Pflegeeinrichtungen, sich den Forderungen der Sterbehilfevereine nicht zu beugen. Statt einer Verpflichtung zur Ermöglichung von Selbsttötungen oder auch nur der Duldung einer solchen Praxis gilt es, alle Kraft für eine verlässliche Begleitung von schwerstkranken und sterbenden Menschen aufzuwenden.
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Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband e.V. ist seit 1992 die bundesweite Interessenvertretung der Hospizbewegung sowie zahlreicher Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Deutschland. Als Dachverband der Landesverbände in den 16 Bundesländern sowie weiterer überregionaler Organisationen der Hospiz- und Palliativarbeit und als selbstverständlicher Partner im Gesundheitswesen und in der Politik steht er für über 1.250 Hospiz- und Palliativdienste und -einrichtungen, in denen sich mehr als 120.000 Menschen ehrenamtlich, bürgerschaftlich und hauptamtlich engagieren.